Hufe klappern, Pferde traben, springen über'n Wassergraben kraftvoll springt der Schimmel ab und setzt sicher über den Sprung. Am Ende des Parcours angekommen, liegt keine Stange am Boden. Reiterin Pia fällt ihm vor Freude um den Hals und lobt ihn.

Bild: AdobeStock von C. Rupp
Ein solch harmonisches Bild ist im Reitsport nicht immer zusehen, wie Bilder der modernen Fünfkämpferin Annika Schleu bei Olympia 2021 zeigen. Dort schlug sie mit einer Gerte mehrfach auf das ihr zu geloste Pferd ein, das sich weigerte zu Beginn des Parcours los zu laufen. Ebenfalls stand das Concours Hippique International Officiel (CHIO) im Jahr 2022 in der Kritik. Da die Dressur Reiterin Isabell Werth disqualifiziert wurde, weil ihr Pferd aus dem Mund blutete. Im Geländespringen kam es zu einem weiteren Skandal, nachdem Weltmeister Pferd Allstar B nach einer Verletzung, die er sich während dem Parcours zugezogen hatte, eingeschläfert werden musste. Dies führte dazu, dass die Tierschutz Organisation People for the Ethical Treatment of Animals die Bundesregierung aufforderte, Hochleistungsturniere in allen Disziplinen des Reitsportes zu untersagen. Doch ist ein solches Verbot überhaupt nötig und wie wichtig ist das Wohl der Tiere im Turniersport ?
Birgit Rosenberg, Sportchefin des CHIO Aachen und Vorstandsmitglied des Aachen-Laurensberger Rennverein, betont wie wichtig die Tiere den Verantwortlichen sind: „Natürlich haben wir viele Gäste und viele Ehrengäste auf dem Turnier. Aber wir sagen immer die wahren Vips sind natürlich die Pferde. Deswegen ist es für uns entscheidend, dass die Pferde und die Reiter Top Bedingungen vorfinden.“ So habe das CHIO 400 feste Boxen, in denen darauf geachtet wird, dass die Pferde im Stall gute Bedingungen vorfinden, so Rosenberg. Ebenfalls steht ein großes Team von Tierärzten während des Turnieres zu Verfügung, um eine gute gesundheitliche Versorgung der Tiere zu gewährleisten.
Kontrollen
Tierschutz, Chancengleichheit und Unfallverhütung gehören zu den Zielen der deutschen reiterlichen Vereinigung (FN). Um diese Ziele erreichen zu können setzt die FN auf Anti-Medikations-und Dopingkontrollen. Jährlich finden davon zwischen 1600 und 1800 auf deutschen Turnieren statt. Weitere Kontrollen finden auch auf dem CHIO statt, wie Birgit Rosenberg erklärt „Wir haben ein Team von 44 Stewarts in allen fünf Disziplinen im Einsatz, diese achten darauf das die Reiter sich beim Trainieren und Reiten der Pferde an die Regeln halten. Sie weisen auf Fehlverhalten hin. Im schlimmsten Fall haben die Stewarts auch die Möglichkeit, dem Reiter eine gelbe Karte auszustellen, die im Wiederholungsfall dann zur Sperre des Reiters führen kann.“ erklärt Rosenberg. Außerdem muss jedes Pferd vor seinem ersten Start in Aachen zur „Horse inspection“. Das bedeutet, dass die Reiter einer Kommission, bestehend aus Tierärzten und Richtern, die Pferde vortraben müssen. Die Experten prüfen, dass das Pferd gesund ist und alle erforderlichen Impfungen vorhanden sind. Erst wenn diese Punkte erfüllt sind, darf ein Pferd starten. Im Freizeitsport scheinen diese Kontrollen jedoch kein Standard zu sein. So verrät Turnierreiterin Pia: „Ich und mein Pferd wurden nur einmal vor und nach einem Distanzritt kontrolliert.“ Auch Kontrollen auf den Trainingsplätzen scheinen kein Standard zu sein. So ist auf Turnieren vor allem eins zu sehen: einen überfüllten Trainingsplatz mit lauter nervösen Pferden und Reitern, die sowohl ruhig und sehr bewusst mit ihren Pferden umgehen, als auch Reiter die streng und teilweise sogar gewalttätig mit den Tieren umgehen.„Ich habe auch schon gesehen wie Pferde auf dem Trainingsplatz geschlagen werden.“, erzählt Pia.
Der Reitsport im Wandel ?
Bei den Reitern im professionellen Reitsport scheint es jedoch in den vergangenen Jahren ein Umdenken gegeben zu haben. So mussten die Stewarts des CHIO immer weniger eingreifen. „Es ist inzwischen ein gutes Miteinander. Eben weil die Stewarts sehr pro aktiv reagieren und die Reiter aber auch verstehen dass wir alle zusammen unseren Sport bestmöglich präsentieren wollen.“,berichtet Rosenberg. Die Arbeit mit den Tieren bringe aber vor allem eine hohe Sensibilität mit sich. „Wir können hier sehr schönes und auch sehr sauberes reiten sehen.“ Das Umdenken seie deutlich im Ergebnis zu sehen „Das ist gut und das ist wichtig für den Sport.“, so Rosenberg weiter. Dieser Wandel ist auch im Freizeitbereich zu sehen. Auf Turnieren sind viele Reiter zu beobachten, die einen ruhigen Umgang mit den Pferden kombiniert mit schönem und feinem Reiten präsentieren und sichtlich mit Freude und Begeisterung dabei sind. Es gibt aber auch gestresst Reiter mit nervösenTieren. Diese Fallen durch ihren eher groben Umgang mit den Pferden auf.
Digitalisierung und Technik sollen Abhilfe leisten
In der Coronazeit waren keine Wettbewerbe möglich, der Sport stand vor einer Herausforderung. So entstand aus der Not heraus eine neue Form der Turniere. Bei Online Veranstaltungen wie der „Virtual Dressage Tour“ können Reiter aus ganz Europa teilnehmen, ohne den heimischen Stall verlassen zu müssen. Die Aufgaben werden mit dem Handy gefilmt, auf einer Plattform hochgeladen und im Anschluss von Experten bewertet. Freizeitreiterin Rademacher hält diese neue Variante der Turniere jedoch für fragwürdig: „Man könnte bei solchen Turnieren doch dann auch 10 Minuten filmen und zum Schluss nur die beste Minute hochladen.“ Aus diesem Grund bekommen die Teilnehmer feste Starzeiten. Vor dem Beginn der Warmreitezeit bekommen die Teilnehmer ein Codewort zu geschickt welches auf dem Video zu hören sein muss. Die Prüfung muss im Anschluss, genau so wie das Warmreiten und das verwendete Equipment gefilmt werden, auch hier muss zu Beginn des Videos das Codewort zu hören sein. Dies bietet dem Sport eine neue Möglichkeit. Viele Stressfaktoren, wie der Transport, die neue Umgebung auf dem Turnier Gelände und volle Trainingsplätze fallen weg. Das CHIO setzt von Jahr zu Jahr auf eine Verbesserung des Parcours. So erklärt Rosenberg, dass das CHIO eng mit Experten zusammen arbeite, um unteranderem durch neue Mechanismen dafür zu sorgen, dass die Hindernisse im Geländespringen widerstandsfähig werden. Das bedeutet das Stangen oder Baumstämme die als Hindernisse verwendet werden bei einer Berührung nachgeben und runterfallen können. Dies soll dafür sorgen, das die Pferde sich im Parcours weniger verletzen können. Digitale Reitturniere und die Verbesserung des Parcours sind erste Ansätze, damit es auch in Zukunft heißt Hufe klappern, Pferde traben und Springen über den Wassergraben.
von Leonie Prange
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